Was ist geschehen?
Wie wir in unserem letzten Artikel berichtet haben, hat die FED kürzlich (31. Juli) den Leitzins um 0,25 Basispunkte gesenkt. Das war allerdings nicht so zurückhaltend, wie es US-Präsident Trump gerne gehabt hätte. Am nächsten Tag (1. August) twitterte der Präsident, er würde 10% Strafzölle auf die verbleibenden 300 Milliarden Dollar Chinesischen Exports erheben.
Dieser Tweet erschien, nachdem er nachweislich die Ratschläge seiner Berater überging, die allesamt von weiteren Zöllen abrieten.
Warum ist das wichtig?
Grundsätzlich
Der Handelskrieg zwischen den USA und China ist ein einflussreiches Event, das regelmäßig den Markt bewegt. Trump ist ein aktiver Teilnehmer bei Twitter und seine Tweets beeinflussen häufig das Marktgeschehen. Insbesondere wenn es um den Handelsstreit geht!
Für Investoren
Trump ist längst bekannt für seinen Hang zum Aktienmarkt. Man hört ihn häufig stolz davon erzählen – oftmals macht er sich für die Rallye des Marktes verantwortlich. Angesichts dessen versucht er häufig verbal die FED hin zu einer entgegenkommenden Geldpolitik zu beeinflussen. Was jedoch am 1. August passierte, war wirklich außergewöhnlich. Nicht nur hat er die FED für die kürzliche Entscheidung kritisiert, er hat sich auch gegen seine eigenen Berater gestellt die von einer Erhebung von Strafzöllen abrieten. Was ist daran besonders? Wenn wir uns die letzte Entscheidung der FED in Erinnerung rufen, wurde dort der Handelskrieg zwischen den USA und China als großes Bedenken geführt. Wenn man also Trump wäre und die FED beeinflussen möchte, diese vom Handelskrieg beeinflusst ist – warum beeinflusst man dann nicht den Handelskrieg selbst? Das mag wenig intuitiv klingen, ja vielleicht sogar verrückt aber darauf kommen wir später noch zu sprechen. Versuchen wir zunächst, Trumps Position zu verstehen.
Ein bisschen Politik
Die neuen Wahlen in den USA starten November 2020. Präsident Trump hat seine Wahlkampagne bereits vor langer Zeit gestartet. Es ist klar, dass sein Ziel die Wiederwahl ist und er hat den Aktienmarkt als seine Verkaufsnummer gewählt.
Warum ist hat er das als sein Erfolgsbarometer auserkoren? Diese Frage steht offen und im Internet finden sich eine Menge Antworten dazu. Wahrscheinlich jedoch, weil Aktienkurse schneller und einfacher zu beeinflussen sind, als eine gesamte Wirtschaft – vor allem aber das Einkommensniveau der Mittelschicht. Es ist bekannt, dass die Mehrheit der Amerikaner Aktien besitzt. Strategisch gesehen gewinnt man also sicher die Gunst der Wohlhabenden (damit einhergehend Spender für den Wahlkampf), wenn man auf den Aktienmarkt abzielt. Mehr noch – wenn man den präsidentiellen Erfolg mit dem Aktienmarkt verknüpfen kann, ist es wahrscheinlich die nächste Wahl zu gewinnen. Niemand sagt, dass das richtig, gut oder gerecht sei – es mag aber Trumps Motivation sein.
Zurück zu Trump und dem Handelskrieg
Wenn wir einmal die politische Situation im Kopf haben können wir beginnen zu verstehen, dass Trumps Entscheidung vielleicht nur ein Mittel war, um die FED dazu zu bewegen die Zinsen weiter zu senken. Denn wenn die Zinsen sinken, neigen die Aktienmärkte zu guten Ergebnissen und damit zu einem guten „Trump-Ergebnis“.
Wenn Du ein Investor bist, denkst Du Dir bestimmt „Ist das nicht verrückt?“ Zerstörerische Manöver für die Wirtschaft einzuleiten, nur um Aktien weiter zu pushen? Sehen wir uns einmal eine interessante Grafik von Bloomberg an.
Quelle: Bloomberg
Die Analysten von Bloomberg haben sich drei mögliche Auswirkungen des Handelsstreits auf das Wachstum des BIP angesehen. Diese gelten für die USA, Cina und die ganze Welt. Wir sehen uns den Fall an, bei dem die Zölle ein Niveau von 25% erreichen. Dabei gibt es ein paar Dinge zu beachten. Zunächst sehen wir, dass die Auswirkungen auf China weit höher sind als die auf die USA. Zweitens ist es noch etwas zu früh, um alle Verzweigungen des Handelsstreits abzusehen. Drittens ist der Effekt des Handelsstreits nicht November 2020 am größten – wenn die Wahl ansteht.
Was bedeutet das für Dich, wenn Du Präsident Trump bist?
Da es geraume Zeit braucht, bis der Handelsstreit seine gesamte Wirkung entfaltet, kannst Du das zu Deinem Vorteil nutzen. Du beschleunigst den Handelsstreit und die Märkte korrigieren leicht. Die FED wird als Reaktion die Zinsen senken und dem Markt sogar das Versprechen geben, die Zinsen weiter zu senken falls der Handelsstreit weiter eskaliert. Nach dem die FED solche Schritte unternommen hat und die Neuwahl näher rückt, machst Du einen Deal mit China ( der Handelsstreit schadet den Chinesen mehr als den Amerikanern, was in Verhandlungen ein Vorteil ist). Die Aktien steigen und Du befindest Dich in einem Niedrigzinsumfeld.
Du denkst vielleicht, dass es eher verrückt ist das Wirtschaftswachstum und eine Korrektur der Märkte aufs Spiel zu setzen um daraus politischen Nutzen zu ziehen. Und Du liegst absolut richtig. Wenn sich das Szenario so abspielt, hat die FED aufgrund bereits gesenkter Zinsen keine Munition mehr um einen Handelsstreit zu bekämpfen.
Für Trader
Wir haben uns ein eher theoretisches Beispiel angesehen und Trader fragen sich vielleicht eher, welche Wirksamkeit die Tweets von Präsident Trump haben. Sehen wir uns dazu einmal das FEDWatch Tool von CME an:
In diesem Chart sehen wir den Zielsatz der FED bzw. die Wahrscheinlichkeiten dafür, September 2019. Wir werden nun den aktuellen Balken für die Wahrscheinlichkeit vergleichen (nach den Tweets) mit denen vorher, 1W (31 Juli 2019). Wie wir sehen können, erartete der Markt vor den Tweets eine Wahrscheinlichkeit von 175-200 und 200-225 bps. Das bedeutet eine Erwartung von 50%, dass die FED die Zinsen im September senken wird und eine Erwartung von 50%, dass die Zinsen im September stabil bleiben. Heute hat der Markt eine Zinssenkung im September jedoch vollständig eingepreist. Dabei bleibt eine 20% Wahrscheinlichkeit, dass sie um 50bps gesenkt werden.
Ich will nicht sagen, dass das ein guter Ansatz ist – denn das ist keiner – allerdings zeigt das, dass der Markt die Wirkung von Trumps Rhetorik auf die FED und die Märkte wahrgenommen hat. Wenn der zuvor dargelegte Plan von Trump, oder das „Trump Game“ wie wir es nennen, wahr ist – dann ist das bisher nur ein Beleg für die „Brilianz“ von Donald Trump, der bekommt was er möchte.